Wie wir unseren Fleischkonsum eingeschränkt haben. Pesketatismus. Ist das okay oder nicht?
Seit ich als Teenager in Punkto Kochen und Ernährung das Ruder selbst in die Hand genommen habe, habe ich schon etwaige Ernährungsformen ausprobiert. Von Vegetarismus über Vegan, Fleisch wieder essen, Weizenfrei, Lactosefrei, Zuckerverzicht, Kaffeefrei und wieder zurück. Aushandelnd zwischen meiner und der gesellschaftlichen Moral und Gesundheitstrends.
Es gibt so viele Trends. Was Gesund ist und was nicht, wandelt sich so schnell wie die Wettervorhersagen. Ob die Aussagen über nutzen und Schaden für den Körper stimmen ist teilweise gar nicht mehr nachzufolziehen. Zu Zeiten meiner Großmutter, Nachkriegsgeneration, war das einfacher. Gesund ist es, wenn man was zu essen hat. Und selbstgekocht hat man da auch selbstverständlich. Es gab noch garnicht so viel Fertig-Produkte und essen gehen war noch was besonderes. Meine Oma hatte einen großen Gemüsegarten. Nicht, weil es schick ist „zurück zur Natur“ zu leben, sondern, weil es billiger war , als alles im Supermarkt zu kaufen und das von je her so war, dass man sein eigenes Essen angebaut hat. Ganz früher, vor meiner Zeit, haben sie sogar noch die eigenen Hühner geschlachtet.
Heute ist es teurer sein eigenes Gemüse zu ziehen, als die billigen Waren, die aus den riesigen Plastikgewächshäusern in Almerìa in Spanien für den europäischen Markt gefertigt werden, zu kaufen (Almerìa Plastikmeer ). Das Pro-Agument hierfür ist, dass eine wachsende Weltbevölkerung leichter zu ernähren ist, wenn wir massenhaft und kontrolliert produzieren. Gegenargumente gibt es viele. Erstmal, brauchen wir den solche Massen? Durch unsere Angebots orientierte Marktwirtschaft und der nachfolgenden Überproduktion, schmeißen wir allein in Deutschland ein drittel des aktuellen Nahrungsmittelverbrauchs weg. Das bedeutet, dass jährlich 2,6 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche „umsonst“ bewirtschaftet werden. (Quelle: WWF ) Auf diesen Flächen könnte genauso gut das Klima unterstützender Wald sein. Oder Wohnraum, oder beides.
Etwas verbindet unser verschwenderisches Konsumverhalten und die Verunsicherung der richtigen, gesunden Ernährung. Entfremdung.
Ein Schlagwort, was mir in den letzten Jahren immer häufiger begegnet ist. Fremd dem eigenen sein gegenüber. Fremd der Natur gegenüber und dem eigenen Platz darin. Wer von uns kann den noch sein eigenes Gemüse anbauen oder den eigenen Kindern alle uns umgebenden Pflanzen erklären? „Mama, welcher Baum ist das?“ Ist das Giftig oder nicht? Hat mir in der Schule niemand beigebracht. Fremd dem Wert der Dinge gegenüber. Wenn ich selber ein paar Tage an meinem Pullover gestrickt habe, gehe ich sorgfältiger damit um, als wenn er zu billig aus Kinderhand bei einem großen Klamotten-Laden über die Theke ging. Aber das ist ein anders Thema. Ich sehe hier in meinem Garten, wie lange es dauert, bis meine Karotten gewachsen sind. Dass ich Monate investieren muss, bis sie uns ernähren. Da scheint das verschwenderische noch absurder.
Dass wir nicht mehr spüren, was gesund für uns ist, liegt auch an dieser Entfremdung. Wir lassen uns zu viel abnehmen. Na klar, kann ich nicht alles selber produzieren, was ich für mein modernes Leben momentan meine zu brauchen. Ich steige nicht ins Bergwerk und hohle seltene Metalle heraus, um mein eigenes Phone zu klöppeln. Aber ich kann mich bemühen wieder Dinge zurück zu gewinnen und mich stetig zu hinterfragen. Brauche ich diese Dinge? Kann ich das auch selber machen? Unser stetiger Camping Lifestyle, unsere Haltung zu „Do it yourself“ ist anstrengend aber auch sehr erfüllend. Beides.
Nun aber zu der Frage? Wie ernähren wir uns gerade?
In meiner Schwangerschaft und vor allem danach, als ich gestillt habe, konnte ich den Gedanken nicht mehr ertragen, dass wir Fleisch aus Massentierhaltung konsumieren, und dass den Kühen ihre Babys weggenommen werden, damit sie uns die Milch geben. Ich sah mich eins zu eins verbunden. Wenn nun einer käme mir mein Baby wegnehmen und meine Milch mir abzapfen. Zu grausam der Gedanke. Also, sagte ich : “ Schatz, wir können kein Fleisch mehr essen.“
Gar keins mehr? Hmm..Mist. Denn leider schmeckt es mir gut. Aber ich finde es nicht richtig. Aber, um es mit Deichkind zu sagen „Leider geil“. Diese Zerrissenheit führte zu unserem momentanen Kompromiss. Pescetarismus ( Wiki ).
Das bedeutet wir essen keine Tiere. Aber ab und zu noch Fisch. Ja, die ja auch Tiere sind. Also wir essen keine Säugetiere. Dies ist ein Kompromiss. Um vom Fleischkonsum runter zu kommen aber nicht gleich von 100 auf 0. Sondern erstmal nur ein Teil.
Ganz lösen konnten wir uns nicht. Es gibt ab und zu noch Fisch. Weil, das Leid ist nicht so erkennbar, nachfühlbar wie bei Säugetieren, die wir selber auch welche sind? Fische schreien nicht.
Eigentlich nicht okay. Leiden tun die auch und die Überfischung unserer Mehre ist auch schlecht für das Klima und Verschwendung. Die Art , wie wir mit dem Konsum von Tieren umgehen ist ganz widerlich. Und so ist es moralisch eigentlich nicht okay Fisch zu essen. Auch hier wieder, wenn ich dem nicht entfremdet bin, sondern meinen Fisch selber fange, finde ich es okay. Das führt auch ganz natürlich dazu, dass man es seltener tut. Wer hat schon Lust und zeit jeden Tag angeln zu gehen.
Ich habe bei einem Kochkurs mal eine Jägerin kennen gelernt. Als Teeny hätte ich das noch sträflich verachtet. Jetzt konnte ich ihr aber aufgeschlossen zuhören. Und auf diese Art konnte ich es sogar gut heißen, was sie beschrieb. Wie genau sich die Jäger im Wald auskannten und den Bestand im Blick hatten. Nur wenn es nötig und möglich war ein Tier zu erlegen konnte man es sich nehmen und dann selber tatsächlich sogar zum Verzehr zubereiten. Und ein Wild ernährt ziemlich viele Menschen.
Nun kann nicht jede*r in den Wald gehen sich ein Wild schießen, dann wären sie ruck zuck weg. Es ist aber auch nicht richtig, dass wir jeden Tag so viel Fleisch essen. Fleisch sollte es seltener geben. Ich kann jeden Tag in den Supermarkt gehen und abgepackt was kaufen. Ich kann nicht jeden Tag selber was schlachten und haltbar machen und essen. Wenn wir noch selber ein Tier großziehen und dann schlachten würden, würde es sich ganz natürlich ergeben, dass wir nur ein paar mal im Jahr schlachten würden. Wenn überhaupt. Ich bezweifle, dass alle da draußen, die dick Döner und Schnitzel mampfen auch den Schneit hätten ein Tier mit den eigenen Händen zu töten.
Auch mir würde es schwer fallen einen Fisch zu erschlagen. Doch esse ich ihn noch. Recht selten. Manchmal alle paar Wochen ein mal. Bis ich auch das loslassen kann. Wir werden sehen. Lieber eine langsame Veränderung, als gar keine.